Best of… September 2008

6 Minuten. Wäre innerhalb dieser sechs Minuten der Strom ausgefallen, der Ring zerbrochen, wären innerhalb dieser sechs Minuten – was weiß ich, Außerirdische gelandet oder so – sprich: hätte irgendetwas innerhalb dieser sechs Minuten dazu geführt, dass das Championship Scramble Match um den WWE Title hätte abgebrochen werden müssen… The Brian Kendrick war sechs Minuten lang der amtierende WWE Champion, zwar ohne es in den Geschichtsbüchern des Sports-Entertainment jemals gewesen zu sein, aber, egal. Sein Arm wurde in die Höhe gehoben und am unteren Bildschirmrand der Jingle eingeblendet: „The Brian Kendrick – Current WWE Champion“. Noch im letzten Monat kommentierte ich solch Geschehnisse mit den Worten: „Alles ist möglich in einer Welt, in der CM Punk World Heavyweight Champion ist.“. Nunja, ein Kommentar der Vergangenheit, der aber trotzdem unheimlich gut symbolisiert, dass bei WWE grad ordentlich was abgeht. Schatten und Licht dieser Momentaufnahme sind wie immer Inhalt dieser Kolumne: Best of September 2008.


Beste Storylines und Fehden
1. Shawn Michaels v. Chris Jericho
2. 2nd Generation v. CM Punk
3. Miz & Morrison v. Cryme Tyme

Laaaangweilig… Monat vier in Folge dominiert die Fehde zwischen Shawn Michaels und Chris Jericho nun schon meine Kolumne, denn wieder einmal hat man es irgendwie geschafft, den Spannungsbogen oben zu halten und damit alles bei WWE nebenherlaufende in den Schatten zu stellen. Kein Triple H, kein The Undertaker schaffen es derzeit, gegen die Großmeister der Unterhaltung anzukommen, Michaels und Jericho sind die Könige ihrer Zunft. Los ging es in diesem Monat mit dem tollen Aufbau des vermeintlich finalen Showdowns der beiden Recken bei Unforgiven. Wenngleich man den Aufbau auch größtenteils dem Vormonat gutschreiben muss, zog sich zumindest der besagte Showdown in den September. Anfangs war ich sehr enttäuscht, als man den eigentlichen Headliner des Abends in der Midcard platzierte und sah die Pole Position der Fehde in dieser Kolumnen-Rubrik erstmals schwinden. Der Kampf war schließlich genau das, was er sein musste: eine Schlacht. Eine Schlacht, die der Heartbreak Kid gewann und erhobenen Hauptes die Halle verließ, wo er später backstage noch ein Interview führte, bei dem er weitere Schläge gegen seinen Rivalen ankündigte. Gedanklich machte ich, wie wohl die meisten anderen Fans auch, an dieser Stelle einen Haken an HBK-Y2J für diesen Abend. Weit gefehlt, denn fünf Minuten vor Ende der Show ertönte plötzlich die Musik des Codebreakers, als er überraschend den Platz von CM Punk im Hauptmatch einnahm und sich mit einer einzigen Aktion – einem Cover – plötzlich World Heavyweight Champion nennen durfte. Mann, hat Batista da doof in die Wäsche geguckt und somit war es ja mehr als verständlich, dass er Ansprüche auf den Gürtel bereits beim kommenden RAW anmeldete. JBL tut das gewohntermaßen natürlich auch und durch den Streit der beiden, wer denn nun um den Gürtel kämpfen dürfe, vergaß man Jerichos eigentlichen Fehdengegner mehr und mehr. Mike Adamle sprach dann von dem einen Match, dass so unglaublich interessant klang, dass er demjenigen der es vorschlug einfach nicht nein sagen konnte – und heraus kam der Heartbreak Kid mit einer Leiter im Gepäck. Was ergibt sich? Wohl der PPV-Main-Event des Jahres und das in einer Fehde, die schon länger läuft als 80% aller Telenovela-Versuche im deutschen Fernsehen.

Plötzlich war Chris Jericho World Champion. So toll das auch ist, bedeutete das natürlich im selben Atemzug, dass es CM Punk nicht mehr ist, was so rum betrachtet natürlich wieder völliger Käse war. Betrachtet man aber nicht bloß die reine Papierlage, bei der Punk den Gürtel los ist, sondern schaut sich auch noch an, wie es dazu gekommen ist und was daraus entstanden ist, dann geht es gepaart mit dem Genie des neuen Titelträgers doch im Großen und Ganzen in Ordnung. Nachdem Ted DiBiase Jr. und Cody Rhodes ihre Pflichtverteidigung gegen Cryme Tyme erfolgreich absolvierten, debütierte endlich der dritte Nachkomme in Form von Afa jr. aka Manu. Davon ab, dass ich keinen Wrestler ernst nehmen kann, der so heißt wie meine Freundin (und zudem auch noch die selbe Frisur hat), bedeutete dies natürlich den lang ersehnten Schritt des Tag Teams Priceless zum Stable der 2nd Generation Stars. Schon kurz zuvor brachte man Randy Orton mit ins Spiel, indem er zum Rundumschlag gegen alle RAW-Champs ausholte und sich hierbei hauptsächlich mit dem Punker anlegte, aber auch mit den Tag Team Champs. Sie seien ihren Status nicht wert, so Orton, da sie es bisher nicht schafften, ihn zu beeindrucken. Eben diesen Versuch starteten sie bei Unforgiven, indem sie besagten World Champion CM Punkt durch eine Backstage Attacke ausschalteten und ihn so seinen Gürtel kosteten. „Now, THAT was impressive.“ – der Kommentar des Legend Killers und eines der vielversprechendsten Stables der Neuzeit war geboren. Orton hat man so auf wunderbare Art und Weise in eine Non-Wrestling-Rolle geschrieben, die zur Überbrückung seiner Verletzungspause dient und schafft es nebenbei, eine große Fehde gegen CM Punk aufzubauen. Zunächst gegen die Jungspunde und später hoffentlich gegen Randy persönlich. Man nahm Punk den Titel, ohne ihm groß zu schaden und bewahrt ihm darüberhinaus auch noch die Aufmerksamkeit. Alles in Allem wirkt der schwarze Fleck des Titelverlustes so verschwindend klein, dass man doch zugeben muss, dass man vermutlich bisher fast alles mit dieser Storyline richtig gemacht hat. Simply Priceless halt.

Vom Stellenwert her ist die Kurzfehde zwischen Cryme Tyme und The Miz und John Morrison natürlich in keinster Weise mit den beiden vorher genannten zu vergleichen. Darum soll es aber auch gar nicht gehen, sondern einzig und allein darum, dass das Potential einer Fehde dieser beiden Teams erkannt wurde und man es dazu nutzte, das Publikum damit zu unterhalten. Die beiden Teams wären selbstverständlich zu sehr viel mehr in der Lage, als zu einem Kampf bei einer wöchentlichen Show und zwei, drei Sticheleien in ihren Internetshows – alleine dieses kurze Gastspiel unterhielt jedoch sehr viel mehr als fast alles, was uns in letzter Zeit an Tag Team Fehden geboten wurde. Zack Ryder und Curt Hawkins waren für die Tag Team Division bei Smackdown ein Totalausfall. Rhodes und DiBiase sind Klasse, aber halt auch erst, seit Bob Holly Ted DiBiase heißt – davor war lange nichts. Jesse und Festus sind nur noch damit beschäftigt, C-Stars in Luftpolsterfolie einzuwickeln und ein Blick auf die restlichen festen Tag Teams der Liga lässt einen in ein tiefes Loch starren. Brandübergreifend hat man das größtmögliche Tag-Team-Fehdenpotential erkannt und genutzt und alleine dafür schenke ich diese Platzierung. Ne zweite gibt’s aber nur, wenn man das ganze weiterführt. Also wahrscheinlich… nicht.


Schlechteste Storylines und Fehden
1. Big Show joins La Familia
2. Hardy v. Triple H
3. Rey Mysterio v. Kane

So lang ich mich zurückerinnern kann, war Big Show eigentlich immer jemand, den man binnen kürzester Zeit in den Main Event pushen konnte. Am Besten funktionierte das immer dann, wenn er Heel war – denn das konnte Big Show immer perfekt. Groß sein, böse gucken, gute Jungs verhauen. Dazu muss man nicht gut am Mic sein und dazu braucht man auch kein wirkliches Gimmick – man ist sein Gimmick. Versuche, Big Show in eben diesen Status in der Rolle des Face zu hieven haben hingegen sehr viel seltener funktioniert und jeder Versuch ihm als Goodguy sowas wie ein Gimmick zu geben, ging gänzlich in die Hose. Nun, da er wieder zurückgekehrt ist und einige Monate als Tweener umher wandelte, wollte man Big Show wieder in die Rolle des Heel pressen. Dieses Mal funktionierte das aber nicht, denn das Publikum liebte Big Show. Sie mochten, dass er als großer böser Waldschrat präsentierte wurde und bejubelten ihn dafür. Der Riese passte sich dem an – zerstörte Faces wie auch Heels und lachte dabei, wie es sonst nur Kane besser kann – ja, und die Leute liebten ihn. Umso schöner war es dann schließlich, dass man ihn scheinbar als neuen Gegner gegen den größten Heel der Smackdown-Geschichte, Vickie Guerrero, aufbaute. Die Vorzeichen für eine goldige Zukunft des Riesen waren gesetzt. Dann kam Unforgiven. Und jeder dumme Fan, der wirklich an einen Face-Giant glaubte, wurde eines besseren belehrt. Show turnt gegen den Undertaker, billig gebookt und vollkommen überflüssig. Man raubt ihm sein Gimmick und bildet ihn in seiner Entwicklung um ca. 3 Karrierejahre zurück. Okay, es soll ein Titelmatch für ihn herausspringen, aber vorher trifft er noch auf den Undertaker. Wie groß die Wahrscheinlichkeit dabei ist, langfristig als Sieger hervorzugehen brauche ich wohl nicht in einen abstrusen Vergleich zu pressen, so klar dürfte die Antwort sein. Käse.

Auf jeden Fall kann es als großer Erfolg gewertet werden, dass man damals Triple H in den blauen Brand tradete. Er bringt einfach frischen Wind ins blaue Seilgeviert, verleiht der Show einen neuen Glanz, den sie besonders im Main Event einfach nötig hatte. Blickt man allerdings auf die bisherigen Fehden von The Game zurück, dann müsste man ihm eigentlich ein kleines Karrieretief bescheinigen – bisher war das nämlich alles Meterware. Geschichten, mit denen sich ein Triple H bei RAW schon lange nicht mehr abgegeben hat. Edge, okay. Mehr als ein Platzhalter bis zur Taker-Rückkehr war das aber auch nicht. The Great Khali – das… also… nee. Und jetzt kommt Jeff Hardy, jemand mit dem ich zwei grundsätzliche Probleme habe. Einmal schafft er es einfach nicht, mich außerhalb des Ringes zu unterhalten. Es funktionert nicht. Und auf der anderen Seite, sehe ich nicht, womit er diesen Run vor Leuten wie Montel Vontavious Porter oder sogar Shelton Benjamin verdient hat. Er ist lange Jahre dabei, kann im Ring überzeugen – aber bitte, das gilt auch für Val Venis, Super Crazy und selbst für einen Funaki. Und sogar letztgenannter wusste mich zu Indeed-Zeiten wesentlich mehr zu unterhalten als der kleine Bruder des ECW Champions. Die Titefehde zwischen Hardy und Helmsley bleibt zudem so unsagbar farblos, dass ich mich wirklich frage, was mit dem Champion los ist. In der Vergangenheit hat er sich niemals drei solche Krückenfehden in Folge aufschwatzen lassen oder hat zumindest selbst dafür gesorgt, dass am Ende was vernünftiges heraus kam. Klar, die Promos von The Game sind weiterhin auf Weltklasseniveau, aber seit vielen Jahren hat man es geschafft, dass ich mich trotzdem nicht auf seinen PPV-Fight freue – es ist einfach so komplett uninteressant. Siegt Triple H? Langweilig. Siegt Hardy? Das darf nicht passieren. Egal also, wie es ausgeht, es wird eine Enttäuschung.

Enttäuschung. Überleitungen hab ich echt drauf. Enttäuschung. Nur wer ist schuld an dem Desaster um die Geschichte zwischen Rey Mysterio und Kane? Kane ist es sicherlich nicht. Kane, der über Jahre jeden erdenklichen Job gemacht hat, der mehr Leute over brachte als fast der gesamte restliche Kader zusammen und durch diese Selbstlosigkeit, durch die Liebe am Business, der großartigen Charakterdarstellung und der stets soliden In Ring Performances zu einem der verdientesten Stars seiner Zeit wurde. Ihn trifft keine Schuld. Rey Mysterio? Ich glaube nicht. Ich glaube nicht, dass es seine Idee war, die „Aktionen“ Kane’s so mal gar nicht zu verkaufen. Dass er eine Promo-Katastrophe ist, kann man ihm auch kaum zum Vorwurf machen, denn das war er schon immer. Vielleicht trifft ihn durch sein eher zweitklassiges Spiel ein wenig mehr Schuld als Kane, aber nicht wirklich viel mehr. Wer bleibt dann noch? Die Booker? Sind die Schuld? Zum Teil sicherlich. Sie bauten aber schließlich erst die großartige Fehde auf, sie schrieben Kane den Charakterwandel auf den Leib und sie waren es letzten Endes, die improvisieren mussten, als Cena für Unforgiven ausschied. Ist John Cena also der Schuldige? Natürlich nicht. Schuld an allem sind wir. Wir, die Fans, die tatsächlich so sehr vor Naivität vollgesogen waren, dass wir tatsächlich an einen Monsterpush für Kane unter seiner Maske als Psycho der Jahrtausendwende glaubten. Die Storyline ist nicht schlecht, sie ist gutes Mittelmaß – erst durch unsere Naivität wurde sie zum Desaster. Wünsche über den Fortgang der Storyline bzgl. einer Demaskierung Mysterios oder einer Maskierung Kanes kann und will ich gar nicht äußern, denn die würden nur noch mehr unterstreichen, dass ich noch immer von eben dieser Naivität zerfressen bin.

Seit Edge weg ist fehlen Smackdown die großen Highlights in Sachen Storyline. Seit Monaten schließt die Freitagsshow mit einem Vickie Guerrero Segment. Während Edge dem Ganzen viel Frische gab, spult der Undertaker eher seine Standardshow ab. RAW hat Shawn Michaels und Chris Jericho – und bietet darüber hinaus von Woche zu Woche wieder Neues und muss deshalb mit dem Storyline-Punkt für die wirklich gute Showqualität belohnt werden.


Beste Gimmicks
1. Team Priceless
2. The Brian Kendrick
3. Ricky Ortiz

Was man rund um Ted DiBiase Jr. schuf ist schlichtweg großartig. Es begann mit der Einführung durch seinen Vater und die Ankündigung, gleich bei seinem Debüt mit einem Mystery-Partner Tag Team Champion zu werden und schon bei seiner ersten Promo etablierte sich der junge Ted gleich in den Köpfen der Fans als jemand, von dem man noch einiges zu sehen hat. Eigene Catchphrase, tolle Ausstrahlung und gute Skills im Ring. Als Cody Rhodes zu DiBiase turnte entstand ein Team, das toll harmonierte und den Gürteln bei RAW schon ab der ersten Minute ihrer Regentschaft wieder neuen Glanz verlieh. Schließlich stieß Randy Orton dazu, wurde sowas wie der strenge Kritiker, der Ohrfeigen verteilte um zu motivieren, der brüllte um Respekt zu ernten. Orton wurde zum Brain des Teams, dass letztlich mit dem Debüt von Manu zum Stable befördert wurde. Man hat ein tolles Team, einen guten Midcarder und einen der momentan besten Main Eventer in einem Stable vereint – und wie sehr junge Stars wie Manu, DiBiase oder Rhodes davon profitieren könnten sieht man an Randy Orton selber. Schließlich kam er in eben dieser Rolle des jungen Wilden in die Evolution und ist heute schon, wenige Jahre später, der glaubhafte Anführer einer solchen Gang und tritt buchstäblich das Erbe von großartigen Leadern wie Triple H oder Ric Flair an.

Ich war ein Fan seit Brian Kendrick’s erstem Auftritt – damals als ein Rookie aus Shawn Michaels‘ Wrestlingschule, der als Botenjunge verkleidet unliebsame Nachrichten überbringen musste. Dann wurde er zum maskierten Lokalmatador und schließlich zum unerfahrenen Spanky, einem jungen Cruiserweight ohne nennenswerte Erfolge. Schließlich die Trennung von WWE und die Wiedereinstellung, bei der er sich erneut mit Paul London zusammentat und einen beeindruckenden Run als Tag Team Champion hinlegte. Ja, und dann kam lange nichts. Die Cruiserweight Division war tot und das Team um Kendrick und London hatte bei RAW nur noch einen besseren Jobber-Status. Kurzzeitig deutete man einen Heelturn Spankys an, was aber in Hohn und Spott unterging und schnell wieder ad acta gelegt wurde. Und dann kam die Draft Lottery. Und dann kam das Hallelujah. Kendrick wurde wieder Heel, dieses mal ohne Hohn, dieses mal ohne Spott. Er war nicht mehr irgendein Brian Kendrick, er war plötzliche The Brian Kendrick und stand bereits bei seinem ersten PPV-Auftritt in diesem Gimmick im Smackdown-Main-Event-Match um den WWE Title. Alles was Kendrick momentan tut, vom Einmarsch, über die In-Ring-Performance bis hin zu den leider raren Promos – er hat den Hut auf bei Smackdown, mit jedem Wort, jeder Geste und jeder Aktion im Ring bestätigt er das Vertrauen der Offiziellen, die ihm diesen Push zugute kommen ließen. Eine Offenbarung. The Offenbarung.

Wieder widme ich Platz 3 auch wie schon bei den besten Fehden einer Randgruppe. Quasi als so eine Art „Förderpreis“. Was oben die Randgruppe der Tag Teams betraf, soll an dieser Stelle die Randguppe der… ECW Wrestler betreffen. Innerhalb der „New Superstars Initiative“ von Teddy Long debütierten eine ganze Reihe lustiger Figuren bei Extreme Championship Wrestling. Einer der ersten dieser Figuren war Atlas Ortiz, der „von Freunden Ricky genannt wird“ – klar, weil nen Atlas hatte man ja schon hinter Mark Henry. Ricky Ortiz also hieß der junge Mann mit der wilden Mähne, der gegen eine Handvoll Jobber siegte und es sichtlich genoss, über eben diese Siege zu sprechen. Er hatte die perfekte Arroganz für einen Heel und war trotzdem Face – ja, und bei mir funktioniert das. Plötzlich müssen sich ein ehemaliger ECW Champion und ein ehemaliger No.1-Contender darum prügeln, wer denn gegen Ricky Ortiz antreten darf. Was total bescheuert klingt und vermutlich auch ist, wird aber allein dadurch genial, dass es so perfekt auf Ortiz und sein Spiel passt. Er ist der MVP in „gut“, der große Star, der ohne dieses Status jemals belegt zu haben, durch sein Umfeld auch noch in seinem Handeln bestätigt wird. Diesen Gimmick-Ansatz find ich großartig und ich hätte es niemals für möglich gehalten, dass das bei einem Face tatsächlich funktionieren kann.


Schlechteste Gimmicks
1. Jesse & Festus
2. Tommy Dreamer
3. Deuce

Okay, es geht schon in Ordnung, dass man bei WWE ja irgendwie den anstehenden Senderwechsel bewerben muss. Klar. Aber, bitte, im Ring doch nicht!? Wie toll ich die Daltons bei ihrem Debüt doch fand. Genau so ein Gimmick hatte ich mir schon immer für die Tag Team Division gewünscht – die Hinterwäldler, die man aus so vielen Horrorfilmen kennt. Der kleine Gemeine und der große Dummkopf. Beide spielten die Rollen fantastisch und waren genug comic um cool und ein wenig Old School zu sein, aber halt auch noch uncomic genug, um eben nicht zu lächerlichen Clowns zu werden. An letzterem hat man sehr erfolgreich gearbeitet und das einst so tolle Gimmick ersetzt durch – ja, durch eben lächerliche Clowns. Hätte man damit einfach ein vielversprechendes Tag Team zerstört, dann wär das die eine Sache – jetzt zieht man aber auch noch unschuldige Jungstars in das Dilemma mit rein und gibt sie auf unsanfte Art und Weise der Lächerlichkeit preis. Was ich bei Kenny Dykstra vollkommen okay finde, weil ich ihn für eine Vollflöte halte – bei Ryan Braddock hat es mich aber schon ziemlich angenervt. Dass man dann auch noch die Intelligenz der Fans so dermaßen beleidigt und die zwei verpackten Jungstars zwei Wochen nach der ersten Möbelpacker-Attacke im Möbelwagen der MyMoving Company zeigt, lässt mich tatsächlich den Glauben verlieren, dass da irgendwo irgendjemand sitzt, der den Anspruch hat, uns ein glaubwürdiges Produkt zu verkaufen.

Tommy, oh, Tommy. Was hat man bloß aus Dir gemacht? Wie oft wird der arme Tommy sich heute wohl in den Schlaf weinen und sich fragen: „Warum?“ – Warum bin ich zurück gekommen? Nur weil irgendein geldgieriger Depp die Buchstaben ECW auf etwas drauf schreibt? Jemand, der gar nicht weiß, was diese Buchstaben bedeuten, der nicht im Ansatz eine Vorstellung davon hat, was diese Buchstaben für mich selber bedeuten? Für Mich, Tommy Dreamer? Den Innovator of Violence? Dessen einzige Gewaltinnovation heute noch darin besteht, sich durch eine Clothesline from Hell möglichst schnell in Grund und Boden squashen zu lassen? Tommy, oh, Tommy. Was hat man bloß aus Dir gemacht?

Was jetzt kommt, muss mir vielleicht auch einfach nur mal jemand erklären. Manche Zusammenhänge verstehe ich irgendwie nicht – vielleicht hab ich aber auch nur irgendwo etwas verpasst. Also: Bei Smackdown gab es doch dieses Rockabilly-Team, bestehend aus dem Rollergirl, dem Sohn von unser aller Lieblingsgewaltverbrecher Jimmy Snuka und noch einem Typen mit Pomaden-Tolle. Die hatten nen lässigen Einmarsch und wurden ziemlich schnell Tag Team Champions. Dann schmissen sie das Rollergirl raus und ersetzten sie durch eine, zugegebener Maßen, sehr viel dekorativere Begleitung. Das Tag Team Gold waren sie auch schnell wieder los und verloren schließlich ihre Matches, sowohl gegen zwei, als auch manchmal gegen nur einen Gegner. Die Draft Lottery trennte dann den kleinen Snuka von dem anderen Jungen. Der blieb bei Smackdown, wurde einige Male von diversen Monstern gesquasht und schließlich entlassen. Der kleine Snuka-Junge hingegen sollte bei RAW eine Runderneuerung erfahren und mit neuem Gimmick und anständigem Push zurückkehren. Dementsprechend sah man ihn seit der Lottery ja auch nicht mehr. Bis letzten Montag. Da verlor Deuce, so der Rockabilly-Name von Snuka, jr. gegen Santino Marella. Clean – was so ungefähr einer Niederlage beim Singstar gegen einen Fön nahekommt.

Ich hab noch keine wirkliche Ahnung, wo man mit Jack Swagger hin will und bin wirklich sauer über die Jesse/Festus-Sache. Gerade The Miz, Ricky Ortiz und Brian Kendrick machen da bei Smackdown/ECW aber wieder einiges gut – was RAW aber mit einem grandiosen Jericho und dem Team Priceless auskontern kann. Unentschieden, geht nicht anders: Einen halben Punkt für beide.


Wrestler des Monats
1. Chris Jericho
2. Matt Hardy
3. Evan Bourne

RAW is Jericho – jawollja. Beim ersten Mal, das lässt uns Chris ja auch oft und gerne wissen, wurde er World Champion, als er Steve Austin und The Rock in ein und derselben Nacht besiegte. Quasi die zwei größten Stars ihrer Zeit. Bei Unforgiven war das ein klein wenig verworrener. Chris Jericho verlor an diesem Abend gegen Shawn Michaels, besiegte auf dem Papier hingegen aber gleich vier ehemalige World Champions, die besonders im Falle Batista nicht weit vom Status der damaligen Legenden entfernt waren. Als Y2J’s Musik ertönte und er sich als fünfter Mann im RAW-Scramble präsentierte, fiel mir die Kinnlade herunter. Jericho hielt sich den Kopf und setzte den Blick des beleidigten Jungen auf, während er zum Ring stolzierte. Ein Cover – ein neuer Champion und Jericho erntet endlich den Lohn dafür, dass er momentan das wohl mit Abstand unterhaltsamste Individuum des aktiven WWE Kaders ist. Mit ihm an der Spitze ist der Gürtel wieder Main Event fähig, was, so sehr ich CM Punk auch verehre, zuvor nur bedingt gegeben war. Durch Jericho steht jemand an der Spitze, mit dem sich neue, frische Geschichten erzählen lassen – mit dem man PPV’s verkaufen kann, auf denen halt nicht immer einer der Cena/Batista/Edge/Undertaker/Triple H-Varianten auf dem Kopf der Card steht. Chris Jericho ist wieder im Olymp und wenngleich ich vor zwei Monaten Batista als denjenigen welchen betitelte, der der einzige sei, der CM Punk momentan den Gürtel abnehmen dürfe – ich war halt jung. Jericho owns Batista. Jericho owns Punk. Jericho owns RAW.

An den Hardy-Brüdern scheiden sich ja nicht selten die Geister – und ich finde das macht sie irgendwie sympathisch. Wie schon an meinem obigen Absatz über Jeff Hardy zu sehen war, bin ich halt eher ein Matt-Typ. Umso entspannter war ich natürlich nach Unforgiven, als es eben dieser Matt Hardy war, der Titelgold, äh, -silber (ich hasse diesen Gürtel) empor strecken durfte und eben nicht das angebliche „Charismatic Enigma“. Klar, der ECW Gürtel ist kaum mehr wert als die Midcard-Titel bei RAW und Smackdown – und doch gibt man Matt mit dem Titelgewinn hier erstmals die Verantwortung einen Brand zu führen, die Nummer 1 zu sein. Bisher macht er damit einen ordentlichen Job und obwohl der Gürtel halt nun mal kein WWE World Heavyweight Title oder WWE Title ist, er stellt vermutlich trotzdem den größten Erfolg in Matt Hardy’s Karriere da. Ich sehe Matt sicherlich nicht an der Spitze der beiden Hauptshows und kann ihn mir nur sehr schwer als World Champion vorstellen – er war für mich aber doch immer ein bißchen mehr als Midcard und daher mag ich seinen Posten als ECW Champ sehr und sehe darin der perfekte Bestätigung seiner Leistung. Matt Hardy ist auf dem Zenit und dafür huldige ich ihn mit dieser Platzierung.

Ihr merkt schon, ich bin irgendwie in Charity-Stimmung. Nach den Randgruppen Tag Team und ECW-Wrestler kommen wir nun zur Randgruppe Indie-Star. Nicht selten bedient sich World Wrestling Entertainment den großen und verdienten Namen aus dem Independent-Bereich. Was bei der Verpflichtung oft zu Jubelstürmen bei den Smartmarks führt, enden letzten Endes nicht selten in Hasstiraden. James Gibson – Jamie Noble. Colt Cabana – Scotty Goldman. Teddy Hart – naja, bleibt Teddy Hart, aber war trotzdem nix. Als Paradebeispiel der Jetztzeit bleibt eigentlich nur CM Punk, der es auch unter dem McMahon-Regime zum ganz großen Erfolg brachte – ja, und eben ein weiterer Name auf der Liste. Denn als aus Matt Sydal ein Mann namens Evan Bourne wurde, bewegte man sich nicht auf dem Gibson/Cabana-Pfad, sondern etablierte einen jungen Mann, der heute gleich in mehreren Shows auftritt und bei unterschiedlichen Fehden mitmischt. Bei RAW ist Bourne an der Seite von Rey Mysterio auf Kriegspfad mit Kane, während er bei seiner Heimat ECW mit der wundervollen Dirt-Sheet-Connection fehdet. Kaum ein Mann war über die Shows hinweg im September präsenter als Evan Bourne und dabei im WWE-Stall auch noch so grün hinter den Ohren. Bourne darf Aktionen im Ring zeigen, die bisher auf den schwarzen Listen der Liga standen und gibt sich ein Stelldichein mit den besten Performern der Zunft – und ganz nebenbei gibt es wohl kaum jemanden, dem es momentan so wahnsinnig Spaß macht zuzusehen, wie dem kleinen Springfloh Evan Bourne.

Ich bin geneigt, den Punkt alleine für die Bournes, Ortiz‘, älteren Hardys und Konsorten an die blau/lilane Showkombination zu geben, wenngleich das auch nicht 100% fair ist. Hier ist die Arbeit am Nachwuchs aber so sehr viel präsenter, dass ich es halt diesen Monat mal eben darauf beziehe und nicht bloß auf die Stardichte der einzelnen Brands. Punkt also für Smackdown/ECW.


Beste Scrambles
1. Smackdown: Kendrick v. Triple H v. MVP v. Benjamin v. Jeff Hardy
2. ECW: Mark Henry v. Finlay vs. Matt Hardy v. The Miz v. Chavo Guerrero
3. RAW: Batista v. Mysterio v. Kane v. Jericho v. JBL

Vermutlich kann die Rubrik der “besten Scrambles” kein dauerhafter Ersatz für die sonst an dieser Stelle folgende Rubrik der “Besten Matches und PPV-Tops” darstellen, aber für diesen Monats sollte dies nicht nur gehen, sie sollten sogar gleichbedeutend sein. Denn alle drei Scramble-Matches waren wirklich toll, innovativ und vor allem unterschiedlich gebookt. Los ging es mit dem extremen Scramble, bei dem gleich der Hauptfavorit als Nummer eins in den Kampf startete. Alle bis auf The Miz durften sich in den 20 Minuten des Kampfes mal Champion nennen, bis sich Matt wenige Minuten vor Schluss den letzten Pinfall des Matches sicherte. Was danach kam, war das wohl authentischste Scramble-Finish an diesem Abend und krönte einen jungen Mann zum Champion, der diese Krone absolut verdient hatte. Einziges Manko war in meinen Augen die ungleichmäßige Darstellung der fünf Kontrahenten. The Miz wurde viel zu schwach dargestellt, Chavo bis auf den Pinfall viel zu belanglos und Finlay war besonders in den ersten seiner fünf Minuten ein wenig zu überbookt. Ansonsten bot man ein tolles Debüt einer wirklich überraschend spannenden Matchart.

Es folgte das Gerangel des Smackdown-Brands und wieder war es ein Hardy, der den Anfang machen musste. Eigentlich standen im Vorfeld als mögliche Sieger bloß der Champion Triple H und die Herausforderer Jeff Hardy und MVP zur Debatte – während des Kampfes schaffte man es aber tatsächlich, sowohl Shelton Benjamin als auch ganz besonders Brian Kendrick als gefährliche und berechtigte Teilnehmer dieses Kampfes darzustellen. MVP kam mir insgesamt ein wenig kurz und das Ende war in den Schlusssekunden sehr vorhersehbar, in Summe boten uns Vickie Guerrero’s Mannen aber die spektakulärste Show. Spannung, tolle Aktionen, die das öde Ende locker wettmachten.

Der Main Event war ein wenig überschattet von der Entscheidung, CM Punk aus dem Match zu nehmen. Eines war nämlich klar: Hätten Batista, Kane, Rey oder Bradshaw den Titel gewinnen sollen, dann hätte man Punk das Match auch bestreiten lassen können. Die ganze Zeit stellte sich also bloß die eine Frage: Wer ist Nummer 5? Wer wird heute Abend überraschend World Champion? Ist es doch Punk? Ist es William Regal? Orton oder gar Sid? Mit Jericho brachte man schließlich einen absoluten Knüller – rein wrestlerisch litt der Kampf allerdings unter der blöden Kane-Mysterio-Konfrontation und der Tatsache, dass klar war, dass sowieso erst alles in den letzten 5 Minuten entschieden wird und alles bis dahin geschehene hinfällig sein wird. Dennoch war auch das RAW-Scramble ein wirklich gelungener Kampf und macht Lust auf mehr solcher Matches.

Die Punktvergabe ist somit an dieser Stelle klar: Das Duo Long/Guerrero darf diesen entscheidenen Zählen sein eigen nennen und damit nach ganzen 11 Monaten mal wieder einen Sieg in dieser Kolumne einstreichen.


Das Überflüssigste zum Schluss
1. D’Lo Brown’s Neuverpflichtung
2. Der Glaube, Diven könnten Knockouts sein
3. Punk’s Revange

Es war der zweitgrößte Markout des laufenden Jahres, als ich von der Neuverpflichtung D'Lo Brown’s erfuhr – lediglich der Titelgewinn von CM Punk konnte das noch toppen. Nach drei jämmerlichen und wirklich bemitleidenswerten Auftritten war aber schon wieder Schluss mit der großen Hoffnung an einen ansehnlichen D’Lo-Run und er kämpfte fortan nur noch gegen unbedeutenden Newcomer in Dark Matches. Ganz ehrlich, dann hättet ihr mir die falsche Hoffnung auch ersparen können.

Mit dem Diva’s Title erhob man das Damen-Dilemma bei WWE auf eine neue Stufe. Plötzlich wollte man uns Matches zwischen Maryse und Michelle McCool auf PPV-Cards verkaufen – das einzige wovor ich beim kommenden No Mercy Angst habe, ist dass Candice Michelle bei irgend einer Aktion von Beth Phoenix falsch aufkommt und ihr ganzes Botox verrutscht. Seht’s doch ein. Ihr seid nicht TNA, die Diven sind keine Knockouts, Kelly Kelly ist scharf aber eben keine Awesome Kong, keine Taylor Wilde und erst recht keine ODB. Kopiert doch nicht, was ihr nicht könnt, sondern fördert, was ihr könnt.

Ich liebte Punk’s Regentschaft und ich liebe ebenso die des neuen Champions. Das einzige, was ich hasse ist, dass Punk das alles irgendwie am Allerwertesten vorbei zu gehen scheint. Er verliert seinen World Heavyweight Title, das Statussymbol – ohne selbst am Match beteiligt gewesen zu sein und die einzige Revange, die man ihn ausüben lässt, ist ein Rückkampf im Opener der RAW-Sendung eine knappe Woche später? Wie glaubwürdig ist Punk denn dann bitte? Jetzt will er Tag Team Champion werden. Wahrscheinlich auch noch mit Kofi Kingston. Na dann, Hallelujah.


Unterm Strich

Wenn ich zurückblicke, dann blicke ich auf einem WWE-Monat zurück, bei dem mich ausnahmslos jede Show unterhalten hat. Unforgiven war ein sensationeller PPV, RAW hatte starke Geschichten, ECW viele interessante und frische Charaktere und Smackdown lieferte zumindest solide Unterhaltung in allen Gebieten.

Nach Showpunkten geht der September 2,5 : 1,5 an Smackdown und ECW.

Der Grundstock für einen erfolgreichen Oktober ist ebenfalls gelegt. Jericho gegen Michaels wird wahrscheinlich einen mehr als würdigen Abschluss finden und in einer Jericho/Batista-Fehde münden. Vielleicht aber greift man sogar das Ursprungs-Dreieck wieder auf. Smackdown hat neue Tag Team Champions, mit denen man viel erreichen kann und hat eine US-Title-Fehde in den Startlöchern, die für den ein oder anderen Showstealer sorgen mag.

Ich freue mich auf No Mercy, einen spannenden Oktober und wünsch Euch ebenso viel Spaß daran und natürlich wie immer eine gute Zeit!

Ben